Strenggenommen gehörte Helgoland ja nicht zur „Bucket-List“ in meinem Inselprojekt. Aber sie ist nun mal die einzige deutsche Hochseeinsel und da Norderoogsand als Nummer 17 der 20 größten Inseln aus der Liste rausfällt, weil Naturschutzgebiet, mache ich mich im Januar 2018 auf den Weg zum roten Felsen.
Meine Reise beginnt in Cuxhaven. Dort habe ich übernachtet, damit der Anreisetag nicht allzu lang wird. Im Winter ist Cuxhaven der einzige Festlandhafen, von dem aus Schiffe nach Helgoland gehen. Im Sommer sind es ein paar mehr. Es liegt Schnee in Cuxhaven, als ich zum Hafen fahre. Der Parkplatz liegt vor dem Deich, „nicht sturmflutsicher“ höre ich, 8 m seien angekündigt. Und so lasse ich meinen Schlüssel beim Parkplatzwächter, in der Hoffnung Schlüssel und Auto in zwei Tagen unversehrt wieder zu bekommen.
Unser Schiff ist die „Funny Girl“. Lt. Fahrplan war die „Helgoland“ geplant, aber nach einem Unfall am Silvestertag 2017 liegt die „Helgoland“ in der Werft. Die „Funny Girl“ ist 14 m kürzer und da merkt man den Wellengang schon etwas mehr. Es ist nicht viel los an Bord; viele Passagiere sind Offshore-Arbeiter. Auf Helgoland haben sich viele Offshore-Windanlagen-Betreiber angesiedelt, denn von der Insel ist es nicht weit zu den Windparks auf der Nordsee. Von Helgoland aus kann man den Windpark „Meerwind“ nördlich der Insel sehen.
„Wir erreichen die offene See, es kommt Bewegung in’s Schiff. Fahrgäste mit empfindlichem Magen setzen sich am besten mittschiffs“, tönt die Stimme des Kapitäns nach etwa 45 Minuten über die Lautsprecher. Ich sitze weit vorne und gehe sicherheitshalber einige Reihen achterwärts. Aber die weitere Reise verläuft glücklicherweise ohne besondere Zwischenfälle.
Auf Helgoland heißt es für mich Treppensteigen. Mein Quartier liegt im Oberland, grob gesagt ungefähr 50 m über NN. Mit meinem Zimmer habe ich Glück: gebucht war die Sparversion – Einzelzimmer mit Landblick – und bekommen habe ich ein Doppelzimmer mit Seeblick.
Es ist früher Nachmittag und so nutze ich die Zeit für eine Runde über die Insel. Da die Briten 1947 mit der Operation „Big Bang“ die Insel – bzw. das, was nach den Bombenangriffen im 2.Weltkrieg noch davon übrig war – in Schutt und Asche gelegt haben, sind alle Bauten auf der Insel relativ „neu“, sprich: die Insel wurde in den 50er-Jahren neu aufgebaut. Und so gibt es geplante enge Straßen bzw. Wege und „Einheitsbauten“.
Von meinem Hotel gehe ich zuerst zum Nordost-Hafen, d.h. von ca. 43 m über NN auf Höhe 0. Weiter geht es auf dem Nordostbohlwerk Richtung Norden. Am Nordstrand sehe ich den ersten Seehund. Ich halte maximalen Abstand, allerdings ist der Strand recht schmal. Anschließend heißt es: Treppensteigen:
Dann bin ich wieder auf dem Oberland. Der „Klippenrandweg“ trägt seinen Namen zu Recht: es geht einmal rund um das Oberland, immer knapp an der Kante entlang. Allerdings mit einem Zaun gesichert. Auf dem Weg gibt es jede Menge Aussichtspunkte.
Und überall an den Felsen sitzen Trottellummen. Jeder Vorsprung wird genutzt; der Lummenfelsen wird intensiv genutzt. Im Juni ist der „Lummensprung“, wenn die Jungvögel das Nest verlassen. Unten werden sie dann von Helfern erwartet, die den Vögeln über die Betonmauer helfen. Denn das, was die Insel schützt, ist den Vögeln auf dem Weg zum Wasser im Weg.
Auf dem Oberland steht auch ein Gipfelkreuz. Der „Pinneberg“, so der inoffizielle Name, ist 61 m hoch. Der Name ist auch ein deutlicher Hinweis darauf, dass Helgoland im Kreis Pinneberg liegt. Die Kreisstadt ist etwa 140 km. Über das warum und wie die Konstellation zustande gekommen ist, gibt dieser Zeitungsartikel Auskunft.
Nach der Runde über das Oberland geht es über das Mittelland zum Hafen. Ich gehe an den bunten Hummerbuden vorbei zum Südhafen.
Im Südhafen liegt die „Hermann Marwede“, mit 46 m Länge der größte Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Wirklich eindrucksvoll. Auf fast allen Inseln, die ich bis jetzt besucht habe, gibt es eine Station der Seenotretter (Ausnahme: Spiekeroog). Und ich bin immer froh, wenn ich die rot-weißen Boote und Schiffe, vom 9,5 m Seenotrettungsboot bis zum 46m-Seenotrettungskreuzer, im Hafen sehe. Gut, zu wissen dass sie da sind, wenn jemand sie braucht. Und gut, dass sie gerade keiner braucht.
Auf dem Rückweg zum Hotel gehe ich am Südstrand entlang, mache einen Abstecher zur Landungsbrücke um dann über die Haupteinkaufsstraße der Insel, „Lung Wai“ und die „Große Treppe“ wieder zum Oberland zu kommen.
Am Ende habe ich – für eine Insel beachtlich – 170 Höhenmeter auf der Uhr stehen. Und acht Kilometer. Und die Inselumrundung wäre damit direkt am ersten Nachmittag erledigt.
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